9.6.07

deutsches pathos

Deutschland und Pathos? Das passt eigentlich so wenig zusammen wie Hartz 4 und Spargelstechen. Aber nach dem Überraschungserfolg des G8-Gipfels in Heiligendamm ist nichts mehr so wie es früher war. Wir rekapitulieren das Gipfel-Ergebnis: Deutschland und die Vereinten Nationen bringen bis 2050 das Weltklima ins Lot während Russland und die USA die geheilte Atmosphäre mit einem gemeinsamen Raketenschutzschild gegen weiteres Unheil schützen. Bei so viel glückseligem Zusammenwirken der Regierungschefs legen offenbar selbst deutsche Behördensprecher ihre angeborene und in jahrelanger Feinarbeit zur Perfektion gebrachte Trockenheit Objektivität kurzzeitig mal ab und verfassen schwülstige Pennäler-Prosa. Und so kommt es, dass am später Freitag Nachmittag eine Pressemitteilung durch die globale Telefonanlage - in Fachkreisen auch als Internet bekannt - surrt, die es locker mit den Urlaubsschinken von Harold Robbins, Jerry Cotton und sämtlichen Bastei-Lübbe-Heftchen aufnehmen kann.

"Wir brauchen einander", unter diesem Titel möchte sich die Kanzlerin nach getaner Arbeit in das Poesiealbum der Globalisierung eintragen ... und dichtet:
"Während die ersten Helikopter am Strand von Heiligendamm starteten, um einige Chefs zum Flughafen zu bringen, standen auf dem Terminplan der Kanzlerin noch verschiedene Gespräche. Miteinander sprechen, miteinander gestalten – das ist der Geist der Weltwirtschaftsgipfel seit 1975. Damals über Ölkrise und Wechselkurse, heute darüber, wie die Globalisierung so gestaltet werden kann, dass sie Chancen für alle birgt."
Weltwirtschaftssteuerung als familiäres Kaffeekränzchen mit magenschonendem Verwöhnaroma. So stellt sich unsere politische Weltelite offenbar ihr Schaffen vor. Wer will da schon widersprechen?

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