15.9.06

lebenszeichen

Suchanfragen sind geheime Lebenszeichen aus einer fremden Welt. Erst der Besucherzähler macht sie für uns sichtbar. Wie eine falsch zugestellte Postkarte eröffnen sie uns einen kurzen Blick in das Leben eines unbekannten Menschen. Sie suggerieren eine Verbindung, die in Wirklichkeit gar nicht besteht. Und sie werfen Fragen auf: Wer ist diese Person? Was sucht sie? Was treibt sie an? Wie sieht sie aus?

Das ist der Stoff, aus dem Paul Auster normalerweise seine Romane strickt: Ein Mann sitzt spätabends am Computer, ruft seine Statistiken auf und sieht eine Suchanfrage, die sein gesamtes Leben verändert. So sehr er sich auch bemüht, die Frage geht ihm nicht aus dem Kopf. Je mehr er darüber nachdenkt, desto sicherer ist er, dass die Frage ganz alleine ihm gilt. Irgendjemand wusste, dass die Frage bei ihm ankommen würde. Irgendjemand wollte mit ihm Kontakt aufnehmen. Er musste wissen, wer das war. Er musste die unbekannte Person suchen. 353 Seiten, Paperback.

Ganz so fesselnd ist die Wirklichkeit nicht. Aber ein wenig Verwunderung löst die eine oder andere Suchanfrage, die urplötzlich in der eigenen Besucherstatistik auftaucht, dann doch aus.
[wann haben die deutschen angefangen urlaub zu machen?]
[welche nation hat die meisten frauen?]
[wer treten will muß sich treten lassen]
[bismarck personaldienstleister]
[bum bum bedeutung]
Was diese Anfragen bedeuten und ob die Suchenden gefunden haben, wonach sie suchten, bleibt ihr Geheimnis. Auch eine Suchanfrage bei Google hilft da nicht weiter.

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