29.12.06

die bundeskuh

Das offizielle deutsche Wappentier ist der Adler. Wirft man allerdings einen näheren Blick auf den aktuellen politischen Diskurs, so scheint es, als laufe derzeit ein völlig anderes - mit nahezu gegensätzlichen Qualitäten gesegnetes - Tier dem Bundesadler den Rang ab: die Kuh. Oder besser gesagt: die Bundeskuh. Nachdem vor nicht allzu langer Zeit bereits der Bundespräsident die Parteien vor einer desaströsen Dialektik des Aufblasens und sukzessiven Melkens der deutschen Kuh gewarnt hat, drückt nun auch die Bundeskanzlerin ihre uneingeschränkte Bewunderung für dieses genügsame Nutztier aus. Im Interview mit der Zeitschrift Cicero sagt sie:
"Ich bewunderte immer, wie Kühe fast während des ganzen Jahres draußen leben und nicht frieren oder gar krank werden. Wir sind nach ein paar Stunden Regen meistens schon am Ende und schaffen auch die nur, wenn wir die entsprechende Kleidung tragen."
Könnte es sein, dass sich in der Metapher der Bundeskuh eine heimliche Sehnsucht der Regierenden nach einem pflegeleichteren Wahlvolk ausdrückt? Oder war das gar eine Vorschau auf die Regierungserklärung 2007?

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2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Vielleicht ist es ja auch nur ein verschlüsselter Hilferuf eines Mitglieds der Politikerkaste.
Vielleicht wären sie selbst gern wie die Kühe, die auf der fetten Wiese der Steuergelder ein ruhiges Leben genießen können.
Ohne, dass die öffentliche Meinung (was auch immer das ist) sie als Gegenleistung für das gute Gras zu absurden Sprüngen und Verrenkungen zwänge, um dem launischen Kuhbauern Aktivität vorzutäuschen.

29/12/06 13:20  
Blogger la deutsche vita said...

@boche

Ja, so könnte es auch sein, das würde auch die Abneigung des Bundespräsidenten gegen das Aufgeblasen-werden erklären.

Aber vielleicht sieht sich der Wohlfahrtsstaat auch als benevolenter Stacheldraht, wie in Helmut Wördemanns Fabel:

"Es war einmal ein Stacheldraht, der umgrenzte eine Weide und freute sich über die Kühe, die darauf liefen, fraßen und liegend wiederkäuten, eine gemütliche Gesellschaft, absolut sympathisch. Manchmal, wenn der Wind wehte, hüpfte der stachelige Draht vor Vergnügen und sirrte und sang freundschaftliche Weisen.

Doch immer wenn eine Kuh ihm zu nahe trat, stach er sie."

29/12/06 13:49  

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