virtuelle politik
Irgendwann in den 60er Jahren hat der amerikanische Politologe Murray Edelmann gezeigt, dass Politiker die Lösung von Problemen oft nur simulierieren statt die Probleme wirklich zu lösen. Politik wird zum Ritual. Es geht darum, eine politische Entscheidung möglichst medienwirksam zu inszenieren. Ob die Politik dann auch Wirkung zeigt, ist eher unwichtig. Wie immer wenn der Weg zum Ziel wird, ist das Ziel irgendwann weg. Die Politik inszeniert ein Abziehbild ihrer selbst und das Publikum klatscht oder protestiert. Wenn mehr Wähler klatschen als protestieren, war das Spiel erfolgreich.
Dass Edelmann und andere diesen Mechanismus aufgedeckt haben, hat nicht viel geholfen. Im Zeitalter der Massenmedien ist Aufklärung nicht viel mehr als ein willkommener Anlass zum pompösen coming out: "Ich bin wie ich bin, und das ist auch gut so". Beichte statt Besserung, and the band played on. Heute fällt symbolisches Handeln höchstens dann auf, wenn bewusst darauf verzichtet wird.
Warum schreibe ich das? Weil der politische Umgang mit dem Amoklauf von Emsdetten genau diesem Muster der symbolischen Politik entspricht. Ein extrem vielschichtiges Problem wird auf eine für das politische System leicht handhabbare Ja/Nein-Entscheidung reduziert. Als Ursache des Amoklaufs werden martialische Computerspiele ausgemacht. Die logische Konsequenz ist dann ein Verbot solcher "Killerspiele". Ob das Problem damit gelöst wird oder nicht, spielt erstmal keine Rolle. Dafür interessiert umso mehr, ob unser Grundgesetz ein solches Verbot von Computerspielen überhaupt zulässt, ob eine schnelle symbolische Reaktion auf den Amoklauf also überhaupt möglich ist. Es ist daher kein Wunder, dass der wissenschaftliche Dienst des Bundestages schon drei Tage nach der Tat ein entsprechendes Rechtsgutachten veröffentlicht (via). Inhalt des Gutachtens: Die Regierung darf Killerspiele verbieten.
Die Voraussetzungen für symbolisches Handeln wären damit geschaffen. Ob die offensichtlichen Probleme unseres Bildungs- und Erziehungssystems damit gelöst werden können, ist zweitrangig. Hauptsache ist, dass die Regierung Entschlossenheit, Tatkraft und Handlungsfähigkeit simulieren darf.
P.S.: Eine neue, in der politikwissenschaft noch gar nicht richtig reflektierte Dimension der symbolischen Politik ist übrigens dann erreicht, wenn symbolisches Handeln von langer Hand geplant wird. In gewisser Weise ist das hier der Fall. Das Ziel, Killerspiele zu verbieten, steht seit über einem Jahr im Koalitionsvertrag von CDU und SPD (pdf, S. 105) und auch das jetzt veröffentlichte Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags wurde schon im August 2006 erstellt. Merke: auch politisches Scheinhandeln will gut vorbereitet sein.
Dass Edelmann und andere diesen Mechanismus aufgedeckt haben, hat nicht viel geholfen. Im Zeitalter der Massenmedien ist Aufklärung nicht viel mehr als ein willkommener Anlass zum pompösen coming out: "Ich bin wie ich bin, und das ist auch gut so". Beichte statt Besserung, and the band played on. Heute fällt symbolisches Handeln höchstens dann auf, wenn bewusst darauf verzichtet wird.
Warum schreibe ich das? Weil der politische Umgang mit dem Amoklauf von Emsdetten genau diesem Muster der symbolischen Politik entspricht. Ein extrem vielschichtiges Problem wird auf eine für das politische System leicht handhabbare Ja/Nein-Entscheidung reduziert. Als Ursache des Amoklaufs werden martialische Computerspiele ausgemacht. Die logische Konsequenz ist dann ein Verbot solcher "Killerspiele". Ob das Problem damit gelöst wird oder nicht, spielt erstmal keine Rolle. Dafür interessiert umso mehr, ob unser Grundgesetz ein solches Verbot von Computerspielen überhaupt zulässt, ob eine schnelle symbolische Reaktion auf den Amoklauf also überhaupt möglich ist. Es ist daher kein Wunder, dass der wissenschaftliche Dienst des Bundestages schon drei Tage nach der Tat ein entsprechendes Rechtsgutachten veröffentlicht (via). Inhalt des Gutachtens: Die Regierung darf Killerspiele verbieten.
Die Voraussetzungen für symbolisches Handeln wären damit geschaffen. Ob die offensichtlichen Probleme unseres Bildungs- und Erziehungssystems damit gelöst werden können, ist zweitrangig. Hauptsache ist, dass die Regierung Entschlossenheit, Tatkraft und Handlungsfähigkeit simulieren darf.
P.S.: Eine neue, in der politikwissenschaft noch gar nicht richtig reflektierte Dimension der symbolischen Politik ist übrigens dann erreicht, wenn symbolisches Handeln von langer Hand geplant wird. In gewisser Weise ist das hier der Fall. Das Ziel, Killerspiele zu verbieten, steht seit über einem Jahr im Koalitionsvertrag von CDU und SPD (pdf, S. 105) und auch das jetzt veröffentlichte Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags wurde schon im August 2006 erstellt. Merke: auch politisches Scheinhandeln will gut vorbereitet sein.
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