30.8.07

tod im eisbecher

Der Deutsche Dep(p)eschendienst zeigt, wie investigativer Journalismus im Jahr 2007 aussieht:
"Der Igel wuselt in Nürnberg durchs Gebüsch, als er plötzlich den Duft von Vanilleeis wittert. Er macht sich auf die Suche und findet einen achtlos weggeworfenen «McFlurry»-Eisbecher von McDonald´s. Sofort krabbelt das stachelige Säugetier in den Behälter, leckt die letzten Reste aus. Doch als er sich wieder befreien will, verhakt sich das Tier mit seinen Stacheln: Der Igel ist gefangen. Er bekommt seinen Kopf nicht mehr aus der runden Öffnung des Behälters - eine tödliche Falle."
Der Journalist greift sofort zum Telefonhörer. Konfrontiert mit den schrecklichen Vorkommnissen teilt der Konzern mit, dass die Entwicklung eines igelfreundlichen Eisbechers bereits "in den letzten Zügen" liegt. Sechs lange Jahre war "die für Igel lebensgefährliche Verpackung" im Handel. Anfang nächsten Jahres soll nun endlich Schluss sein.

Doch nun zurück zu unserem kleinen Helden, dem wuselnden, vanilleeis-liebenden stacheligen Säugetier:
"Im Gegensatz zu unzähligen seiner Artgenossen hatte das stachlige Säugetier in Nürnberg Glück: In dem Eisbecher gefangen steuerte der Igel gerade blindlings auf eine Straße zu, als Polizisten ihn entdeckten. Durch Zufall waren die Beamten auf die sich bewegende Verpackung aufmerksam geworden. Sie befreiten das Tier, das sich daraufhin offensichtlich unverletzt ins Unterholz verabschiedete."
Bleibt eigentlich nur die Frage, ob die Beamten den Todeskelch nach der Befreiungsaktion auch umweltgerecht entsorgt haben ...

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3 Comments:

Anonymous Anonym said...

Das war übrigens die Quelle der "Nachricht". Die hiesige Polizeipressestelle streut gerne mal solche Meldungen ein, in denen sie mit lustig-herzigem Schreibstil die Gutherzigkeit ihrer Bediensteten zum Ausdruck bringen kann. Und Journalisten sind immer auf der Suche nach einer süßen Meldung - eine ideale Kombination.

31/8/07 09:49  
Blogger la deutsche vita said...

@ blue sky:

Kann es sein, dass Polizisten die besseren Journalisten sind? In der Pressemitteilung stimmen Form und Inhalt ja noch wunderbar überein. Was der Deppendienst dann daraus gemacht hat, diese Geschichte vom (vanille)eiskalten Tod "unzähliger" Säugetiere in kapitalistischen Einwegverpackungen, ist einfach zu dick aufgetragen. Da sind Form und Inhalt so weit voneinander entfernt, dass das ganze wie eine Parodie auf's Genre des engagierten Enthüllungsjournalismus wirkt.

31/8/07 09:57  
Anonymous Anonym said...

enthüllung ist in diesem zusammenhang auch ein schönes wortspiel!

31/8/07 15:23  

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