woran erkennt man einen deutschen film?
Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat einen kulturellen Eigenschaftstest für Filme entworfen mit dem "unbürokratisch" und "transparent" berechnet werden kann, ob ein Film deutsch ist und Anrecht auf Förderung hat. Doch ganz so einfach ist die Frage nach der Nationalität eines Films nicht. Ohne es zu ahnen wagt Neumann sich mit seinem Einbürgerungs Eigenschaftstest an die Mutter aller philosophischen Fragen: Die Seinsfrage. Philosophen wissen schon lange, wie kompliziert die Frage nach dem Sinn von Sein, wie Heidegger es ausdrückt, sein kann. Demnächst werden es auch einige unserer Filmschaffenden erfahren.
Zur Beantwortung der Seinsfrage unterscheidet der Test in bester philosophischer Tradition erst einmal zwischen Idee und Wirklichkeit ... in der Filmsprache auch bekannt als "Motiv" und "Drehort". Beides kann nämlich deutsch sein. Allerdings auch unabhängig voneinander. Diese potentielle Differenz von Idee und Wirklichkeit, von Motiv und Drehort, ist der existenzialistische Clou des Eigenschaftstests.
Ein deutsches Motiv kann, so die erläuternde Fußnote, zum Beispiel der Frankfurter Römer, die Reeperbahn oder der Reichstag sein. Ein deutscher Drehort auch. Der tatsächliche Unterschied liegt also tiefer. Motiv so die kleingedruckte Erläuterung, ist "der beschriebene Ort der Handlung, um die Phantasie in eine bestimmte Bahn zu lenken". Drehort hingegen bezeichnet den "Ort, wo die Umsetzung der Fantasie zu einem filmischen Werk stattfindet"*.
Aha. Eine nachgebaute Schwarzwaldhütte in einem Hollywoodstudio kann demnach also eindeutig als deutsches Motiv identifiziert werden (und ist damit 3 Punkte wert). Ein nachgebautes Hollywoodstudio in einer deutschen Schwarzwaldhütte dagegen ist kein deutsches Motiv, kann aber eindeutig als deutscher Drehort durchgehen (ebenfalls 3 Punkte). Nur ein Hollywoodstudio in Hollywood ist vollkommen undeutsch, sowohl in der Phantasie als auch in ihrer filmischen Umsetzung. Aber auch ein Film über ein Hollywoodstudio in Hollywood hat noch eine Chance auf deutsche Filmförderung. Dann nämlich, wenn die Handlung des Films deutsch ist (immerhin 2 Punkte). Die sich aufdrängende Frage, was denn eine deutsche Handlung von einer undeutschen Handlung unterscheidet, war allerdings wohl selbst unserem Kulturstaatsminister zu kompliziert. Enttäuschenderweise fehlt hier jede nähere Erläuterung.
Ob die tatsächliche Praxis der Filmförderung dem intellektuellen Potential des Eigenschaftstests letztendlich gerecht wird, ist zu bezweifeln. Wahrscheinlich wird die profane Wirklichkeit so aussehen: Der jeweilige Antragsteller lädt sich den Test aus dem Internet runter, füllt ihn nach bestem Wissen und Gewissen aus , zählt die erreichten Punkte zusammen, kritzelt noch schnell Namen und Kontonummer auf den Bogen und wartet dann geduldig auf die Überweisung aus Berlin. Kein Wunder, dass Neumann in seiner Pressemitteilung die neue Filmförderung als "einen unbürokratischen, transparenten und berechenbaren Zuschuss - ohne Jury-Entscheidung, ohne die Einschaltung teurer Mittelsmänner oder Berater" bezeichnet.
*Dass das Wort Fantasie einmal mit "F" und einmal mit "Ph" geschrieben wird hat angesichts der überwältigenden filosophischen Tiephe dieses Gedankens sicher auch eine besondere Bedeutung, die sich mir im Moment aber leider nicht offenbart.
Zur Beantwortung der Seinsfrage unterscheidet der Test in bester philosophischer Tradition erst einmal zwischen Idee und Wirklichkeit ... in der Filmsprache auch bekannt als "Motiv" und "Drehort". Beides kann nämlich deutsch sein. Allerdings auch unabhängig voneinander. Diese potentielle Differenz von Idee und Wirklichkeit, von Motiv und Drehort, ist der existenzialistische Clou des Eigenschaftstests.
Ein deutsches Motiv kann, so die erläuternde Fußnote, zum Beispiel der Frankfurter Römer, die Reeperbahn oder der Reichstag sein. Ein deutscher Drehort auch. Der tatsächliche Unterschied liegt also tiefer. Motiv so die kleingedruckte Erläuterung, ist "der beschriebene Ort der Handlung, um die Phantasie in eine bestimmte Bahn zu lenken". Drehort hingegen bezeichnet den "Ort, wo die Umsetzung der Fantasie zu einem filmischen Werk stattfindet"*.
Aha. Eine nachgebaute Schwarzwaldhütte in einem Hollywoodstudio kann demnach also eindeutig als deutsches Motiv identifiziert werden (und ist damit 3 Punkte wert). Ein nachgebautes Hollywoodstudio in einer deutschen Schwarzwaldhütte dagegen ist kein deutsches Motiv, kann aber eindeutig als deutscher Drehort durchgehen (ebenfalls 3 Punkte). Nur ein Hollywoodstudio in Hollywood ist vollkommen undeutsch, sowohl in der Phantasie als auch in ihrer filmischen Umsetzung. Aber auch ein Film über ein Hollywoodstudio in Hollywood hat noch eine Chance auf deutsche Filmförderung. Dann nämlich, wenn die Handlung des Films deutsch ist (immerhin 2 Punkte). Die sich aufdrängende Frage, was denn eine deutsche Handlung von einer undeutschen Handlung unterscheidet, war allerdings wohl selbst unserem Kulturstaatsminister zu kompliziert. Enttäuschenderweise fehlt hier jede nähere Erläuterung.
Ob die tatsächliche Praxis der Filmförderung dem intellektuellen Potential des Eigenschaftstests letztendlich gerecht wird, ist zu bezweifeln. Wahrscheinlich wird die profane Wirklichkeit so aussehen: Der jeweilige Antragsteller lädt sich den Test aus dem Internet runter, füllt ihn nach bestem Wissen und Gewissen aus , zählt die erreichten Punkte zusammen, kritzelt noch schnell Namen und Kontonummer auf den Bogen und wartet dann geduldig auf die Überweisung aus Berlin. Kein Wunder, dass Neumann in seiner Pressemitteilung die neue Filmförderung als "einen unbürokratischen, transparenten und berechenbaren Zuschuss - ohne Jury-Entscheidung, ohne die Einschaltung teurer Mittelsmänner oder Berater" bezeichnet.
*Dass das Wort Fantasie einmal mit "F" und einmal mit "Ph" geschrieben wird hat angesichts der überwältigenden filosophischen Tiephe dieses Gedankens sicher auch eine besondere Bedeutung, die sich mir im Moment aber leider nicht offenbart.
Labels: idee und wirklichkeit, standort deutschland, x-mal deutschland
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