Wer Politik als Fortsetzungsroman im Bastei-Lübbe Format erleben will, der sollte sich die "
Reisenotizen" von Angela Merkels Lateinamerika-Trip nicht entgehen lassen. In bester Entdecker-Prosa steht dort:
"Das Protokoll des Auswärtigen Amtes hat (...) im Minutentakt die Reise der Bundeskanzlerin geplant und aufgeschrieben: 15:50 Uhr Zwischenlandung, 17:50 Uhr Weiterflug nach Brasilia, 22:00 Uhr Ortszeit Ankunft am Flughafen Presidente J. Kubischek. Nicht die kleinste Einzelheit bleibt dem Zufall überlassen."
Und weiter:
"Auf dem Flug macht die Delegation Bekanntschaft mit einem kleinem Inselstaat mitten im Atlantik: Zum Tanken stoppt der Bundeswehr-Airbus in Sal auf den Kapverdischen Inseln. Zwei Stunden Stippvisite – und die Finanzministerin des souveränen Staates nutzt die Gelegenheit, die Bundeskanzlerin zu einem kurzen Gespräch zu treffen."
In Folge 2 des Reisetagebuches erfahren wir dann vermutlich, wie die weißen Götter aus dem fernen Deutschland den staunenden und dankbaren Eingeborenen Perlen, Parteifähnchen und Plastikfeuerzeuge aus ihrem fliegenden und feuerspuckenden Drachen zuwerfen. Vorläufiger Höhepunkt der Expedition dürfte die Begegnung der Bundeskanzlerin mit 27 rassigen Sambatänzerinnen werden (Folge 3), bevor dann im dramatischen Finale die
Mächte des Bösen besiegt und die verlorenen Staaten Lateinamerikas auf den rechten Weg zurückgeholt werden (Folge 4-7).
Nachtrag: Die Reise geht weiter und uns Daheimgebliebenen flattern nun täglich die gutgelaunten Reisenotizen der Kanzlerinnenescorte auf den Tisch:
"Strahlend blauer Himmel. Vor dem Präsidentenpalast von Brasilia stellt sich die Ehrenformation zum Empfang von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf. Welch ein Kontrast: Die Soldaten in weißblauen Gardeuniformen wie aus Kaisers Zeiten – und daneben die immer noch moderne Architektur Oscar Niemeyers (...). Freundlich empfängt der Präsident die Kanzlerin: Lächeln, Küsschen rechts und links auf die Wange, Hände schütteln. (...) Die Kinder zücken begeistert ihre Fotohandys. Brasilien präsentiert sich herzlich, modern und offen" (aus Teil 2 der Reisenotizen).
Lateinamerika, gesehen
durchs deutsche Kassengestell durch die deutsche Brille. Das sagt mehr über unsere nationale Selbstwahrnehmung als 1000 eilig herbeitelefonierte Meinungsumfragen.
Anmerkung: Das Grundprinzip eines Abenteuerromans basiert darauf, dass ein Held aus seiner alltäglichen Welt in eine fremde, gefährliche Welt aufbricht, in der er bei Lebensgefahr allerlei Probleme und Proben zu bestehen hat. Ziel seiner Reise ist meist die Rettung einer Person oder seiner eigenen Welt, aus der er aufgebrochen ist. In der Regel wird ein Abenteuerroman aus Sicht des Helden erzählt, der das Gute verkörpert und oft gegen finstere Mächte oder das Böse kämpft und letztlich gewinnt. Stilistisch lassen sich Abenteuerromane als in einfacher, deskriptiver Sprache verfasste Literatur bezeichnen, die nicht selten einzelne nicht oder nur kaum zusammenhängende Geschichten miteinander verknüpft. Häufig werden kleine Episoden oder Erzählungen in die Handlung eingebaut, wobei diese sich in direkter und anschaulicher Weise auf das aktuelle Geschehen konzentriert. [Quelle: Wikipedia]
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