18.7.06

dolce vita

Seit fünf Monaten ist dieser Blog online. Höchste Zeit Urlaub zu machen. In den nächsten vier Wochen ist hier Dolce statt Deutsche Vita. Danach geht's weiter.

Wer möchte darf bis dahin gerne einen Blick in die Archive werfen: Februar, März, April, Mai und Juni.

[Foto: Salzfelder in Tavira, Portugal]

13.7.06

der reiche onkel aus amerika

Der reiche Onkel aus Amerika ist im Osten der Republik angekommen. In DDR-Zeiten war diese urdeutsche Projektion ja von der Westverwandtschaft verdrängt worden. Auf Einladung der Bundeskanzlerin hat der US-amerikanische Oberonkel nun seinen Weg in die neuen Länder gefunden. Doch statt unsere Landsleute, die so lange in sozialistischer "Dunkelheit und Tyrannei" ausharren mussten, mit Geschenken zu überhäufen entführt er lediglich ein Fass Bismarck-Heringe aus der ohnehin schon überfischten Ostsee. The times they are a-changin'.

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12.7.06

neue sitten

"Ich habe das Gefühl, ausgebrannt zu sein, und werde mir erst einmal ein halbes Jahr Urlaub gönnen" [Jürgen Klinsmann].
Mal ein halbes Jahr Urlaub gönnen ... Ist das jetzt die vielbeschworene neue deutsche Lockerheit?

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musterschüler

Anders als beispielsweise die Amerikaner fühlen sich die Deutschen in Ämtern und Institutionen überaus wohl. Nicht nur die Protestbewegung der 68er war froh, als sie endlich die unwirtliche Straße verlassen und den betulichen Marsch durch die Institutionen antreten konnte (der dreißig Jahre später bekanntlich im rot-grünen Bewährungsaufstieg zur Bundesregierung sein Ziel erreichte). Auch außenpolitisch setzt das Deutschland der Nachkriegszeit - aus gutem Grund - in erster Linie auf die Zusammenarbeit in internationalen Institutionen. Einer kürzlich veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge erwarten mehr als 80 Prozent der Deutschen, dass die Vereinten Nationen künftig eine wichtige weltpolitische Rolle einnehmen werden. Im Rest der Welt sind weniger als die Hälfte dieser Ansicht. UN-Generalsekretär Kofi Annan weiß daher auch, was er an Deutschland hat. Gestern lobte er den "Musterschüler" der Vereinten Nationen:
"Es gibt vielleicht nur eine begrenzte Zahl an perfekten Mitgliedsstaaten. Aber Deutschland ist ein solcher perfekter Mitgliedsstaat."
Einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat erhält der "perfekte Mitgliedsstaat" zwar noch nicht, dafür wurde aber heute ein neuer UN-Campus im ehemaligen Bonner Abgeordnetenhaus "Langer Eugen" eröffnet. Dort sind gleich zwölf neue UN-Büros untergebracht, darunter die Sekretariate zur Erhaltung europäischer Fledermauspopulationen, afrikanisch-eurasischer wandernder Wasservögel, der Kleinwale in Nord- und Ostsee und des Übereinkommens zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Das ist vielleicht nicht das Maß aller Dinge, aber immerhin ein Anfang. Auch der Institutionenmarsch der (Alt-)68er, das darf man nicht vergessen, hat ja einmal ganz unten angefangen.

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11.7.06

deutschland, deutschland unter anderem

"Deutschland ist ein wichtiges Land, aber natürlich nicht das einzige wichtige Land auf der Welt" [Quelle].

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10.7.06

freunde allein zu haus

9.7.06

alles bleibt anders

Bis vor vier Wochen war Deutschland Fußball-Vize-Weltmeister. Jetzt sind wir nur noch Dritter, aber wir feiern, als hätten wir den Titel gewonnen. Dazwischen liegt ein vierwöchiges Paradebeispiel für das, was Politikwissenschaftler "erfolgreiches Scheitern" nennen.

Die Theorie des erfolgreichen Scheiterns besagt, dass es in modernen Gesellschaften so viele vertrackte und kaum lösbare Probleme gibt, dass man es schon als Erfolg verzeichnen kann, wenn jemand so tut als könne er sie lösen. Die Politik unterstützt das, indem sie Organisationen gründet oder fördert, die eigentlich ineffizient sind und ihre Ziele nicht erreichen, deren Erfolg jedoch darin besteht, die Politik aus der Schusslinie der Kritik zu nehmen. Als Beispiele werden gemeinnützige Verbände genannt, die Aktivität suggerieren, wo Passivität vorherrscht, oder die Landesmedienanstalten, die für ein qualitativ hochwertiges Angebot der privaten Rundfunk- und Fernsehsender sorgen sollen, in Wirklichkeit aber nur eklatante Qualitätsunterschiede verschleiern. Kern des erfolgreichen Scheiterns ist, dass zwar alles beim Alten bleibt, es am Ende aber allen besser geht.

Ersetzt man nun die Begriffe "Politik" durch "Deutschen Fußball-Bund" und "erfolgreich scheiternde Organisation" durch "Jürgen Klinsmann", dann könnte es sein, dass wir gerade Zeugen eines eindrucksvollen Falles von symbolischem Aktionismus geworden sind. Vielleicht, so der nicht ganz unbegründete Verdacht, hat sich an den Grundproblemen des deutschen Fußballs in den letzten zwei Jahren überhaupt nicht viel verändert. Vielleicht ist der dritte Platz bei der WM - genauso wie der zweite vor vier Jahren - hauptsächlich der Psychologie und Wettkampfstärke einer traditionellen Turniermannschaft geschuldet ... Vielleicht ist diesmal aber auch alles ganz anders.

Ob sich der deutsche Fußball unter Klinsmann wirklich grundlegend verändert hat oder nur wahnsinnig erfolgreich gescheitert ist, weiß im Moment wahrscheinlich nur Klinsmann selbst. Seine Entscheidung, ob er als Bundestrainer weitermacht oder nicht, ist der verlässlichste Indikator dafür, wie es mit dem Fußball hierzulande wirklich steht. Auch deshalb hängt im Moment ganz Deutschland gespannt an seinen Lippen.

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5.7.06

ob das so stimmt?

"Auch die unzufriedensten Deutschen sind nicht darüber unzufrieden, Deutsche (zu) sein" [FAZ].

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klein-klein

Aus § 1 des Bundeskleingartengesetzes:

(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der
  1. dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und
  2. in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefaßt sind (Kleingartenanlage).
(2) Kein Kleingarten ist
  1. ein Garten, der zwar die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, aber vom Eigentümer oder einem seiner Haushaltsangehörigen im Sinne des sect; 18 des Wohnraumförderungsgesetzes genutzt wird (Eigentümergarten);
  2. ein Garten, der einem zur Nutzung einer Wohnung Berechtigten im Zusammenhang mit der Wohnung überlassen ist (Wohnungsgarten);
  3. ein Garten, der einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag überlassen ist (Arbeitnehmergarten);
  4. ein Grundstück, auf dem vertraglich nur bestimmte Gartenbauerzeugnisse angebaut werden dürfen;
  5. ein Grundstück, das vertraglich nur mit einjährigen Pflanzen bestellt werden darf (Grabeland).
(3) Ein Dauerkleingarten ist ein Kleingarten auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist.

Sogar der Tod des Kleingärtners ist bundesrechtlich geregelt (§ 12):

(1) Stirbt der Kleingärtner, endet der Kleingartenpachtvertrag mit dem Ablauf des Kalendermonats, der auf den Tod des Kleingärtners folgt.










[via]

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ein neuer anfang

4.7.06

eine woche voller dienstage

Am Sonntag scheint die Sonne, am Montag kommt Herr Mon, am Dienstag ist Dienst, am Mittwoch ist Mitte der Woche, am Donnerstag donnert es, am Freitag ist frei und am Samstag kommt das Sams ... das dann mit Hilfe seiner Wunschpunkte dem verklemmten Herrn Taschenbier eine Woche lang Zuversicht und Selbstvertrauen einflößt. Jedes Kind und jeder, der seit Mitte der siebziger Jahre irgendwann mal Kind war, kennt die Geschichte vom Sams.

Als Teil unseres kollektiven Bewusstseins verbindet sie den Sonntagnachmittag - unbeschadet jeder empirischen Falsifikation - auf alle Ewigkeit mit Sonnenschein, lässt uns am Donnerstagabend vorsichtshalber die Polster der Gartenmöbel hereinholen und die Fenster schließen und läutet am Freitag gleich nach dem Mittagessen das Wochenende ein. Anders als in den meisten anderen Sprachen sind die Namen der deutschen Wochentage mehr als nur zufällige Bezeichnungen: jeder deutsche Wochentag ist Programm. Und als bedürfe dies einer weiteren Bestätigung hat jetzt ein weltweit tätiger Personaldienstleister herausgefunden, dass die Deutschen - ja, wie sollte es anders sein, der Name sagt es ja schon - dienstags am effektivsten arbeiten.

Zwar wurden aus dieser Erkenntnis bisher noch keine politische Empfehlungen zur Steigerung der deutschen Arbeitsproduktivität abgeleitet, aber für das heutige WM-Halbfinale gegen Italien sollte uns die Statistik zuversichtlich stimmen. Trotzdem ... nur zur Sicherheit: Falls das Sams irgendwo unter uns weilt - eine gewisse Ähnlichkeit mit der Nummer 7 der deutschen Nationalmannschaft ist ja kaum zu leugnen - sollte es doch bitte einen seiner Wunschpunkte opfern, um die DFB-Elf sicher ins sonnige Sonntagsfinale zu bringen.

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höchstform

"Zu den ärgerlichen Charakterzügen der Deutschen zählt, dass sie besonders dann zu voller Form auflaufen, wenn sie anderen etwas vorschreiben können."
[Manfred Köhler, FAZ, zur gesetzlichen Regelung des Ladenschlusses in Deutschland]

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3.7.06

gegenwarten

Für die meisten Politiker ist die Gegenwart nicht mehr als der Wartesaal der Geschichte. Nur so ist die am Freitag im Bundestag beschlossene Föderalismusreform zu erklären: symbolisches Basteln am angeblich "großen" Wurf; systematisches Außer-Acht-Lassen aller nicht konsensfähigen fachlichen Aspekte.

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